Text von Oliver Battistutta
Ich habe Jüli, wie wir ihn alle nannten, das erste Mal Ende der 90iger Jahre im Training der Winterthur Warriors Junioren angetroffen. Mit seiner offenen Art, wie er auf Menschen, die er nicht kannte, zuging, war er mir sofort sympathisch. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht an einen Tag erinnern, an dem ich Jüli sah und er schlechte Laune hatte. Er war eine Frohnatur, diese wirkte ansteckend, wenn man sich mit ihm unterhielt oder in seiner Nähe war. Mit Ihm war immer was los, er stand immer unter Strom und wollte etwas unternehmen, man könnte es auch einen positiven Bewegungsdrang nennen.
In der Zeit als wir sehr viel zusammen unternommen habe ich mehr neue Bekanntschaften geschlossen als davor und danach in meinem Leben. Jüli war nie ein Kollege, er war immer ein Freund und dies lebte er auch. Er war immer für einen da, egal wie spät es war und was er noch offen hatte. Manchmal war er fast zu gut für diese Welt – aber dazu komme ich noch.
Ausserhalb des Sports haben wir uns immer besser kennengelernt auch durch unsere damaligen Freundinnen und sehr viel zusammen unternommen. In den nuller Jahren fing Jüli eine Stelle als Praktikant bei Siemens an. Als dann eine interessante Stelle frei wurde, ging er an das Bewerbungsgespräch. Sie waren natürlich begeistert von Ihm. Einzig haben sie Ihm empfohlen beim nächsten Meeting mit dem neuen Chef einen Anzug statt Hawaiihemd und Shorts zu tragen. Also war auch schon der folgende Samstag programmmässig geplant: mit einer kleineren Einkaufstour.
2003, als alle anderen im unseren Alter die Lehre abgeschlossen hatten, begann er ein Studium zum Betriebsökonom das Ihn in der Schweiz sehr schnell langweilte. In Folge dessen entschied er sich eine alternative Schule zu suchen die anrechenbar war. Er fand eine in Monterrey Mexiko, fragen sie mich nicht wie und wann er noch Spanisch lernte, vermutlich nebenbei. Da er das Studium früher als erwartet abschliessen konnte, blieb Ihm mehr Zeit für seine grösste Leidenschaft, das Reisen und Kennenlernen anderer Kulturen. Als erstes Schloss er sich einer Gruppe Zahnärzten an, die unentgeltlich Zahnbehandlungen in Mexiko durchführten. Nein er hat nicht noch nebenbei Zahnmedizin studiert, falls sie das jetzt denken, er ging einfach so mit. Nach einer Weile trennte er sich wieder von der Gruppe, ich denke er hatte Lust auf etwas Neues und ging in den Busch. Als er an einer Stelle herauskam, standen da bewaffnete Guerillakämpfer. Mit seiner unbekümmerten Art ging er auf sie zu und sprach sie an mit: „Hey wer seid Ihr und was macht Ihr so?“ Ich kann mir vorstellen wie das verdutzte Gesicht der Soldaten aussah. Die Antwort kam postwendend: „Guerillasoldaten und wir bauen Kaffee an.“ Worauf Jüli entgegnete: „Cool kann ich das mal sehen. Sind wir ehrlich, jeder andere wäre wohl erschossen worden, nicht so unser Jüli. Sie brachten Ihn in Ihr Dorf wo sie Ihm alles zeigten, er half Ihnen einen neuen Boden zu giessen in Ihrer Dorfhalle und schaute sich alles genau an. Vor seiner Abreise gab er Ihnen seine E-Mailadresse mit der bitte, Ihm einmal Ihr Businessplan zu senden da er ja immer noch ein Thema für seine Diplomarbeit brauchte. Wider erwarten war etwas in der Mailbox als er zurück kam und entgegen den Richtlinien der Schule bekam er Unterstützung für Connections zu verschiedenen Institutionen. Heute sind diese Guerillas keine Guerillas mehr, sondern in einem Projekt wie Max Havelaar integriert.
Ich kann mich noch erinnern als er mich nach seiner Rückkehr einmal anrief. Jüli wollte mit mir noch schnell einen trinken gehen, es war 21.30 und unter der Woche. Trotzdem haben wir uns getroffen und sind dann 05.30 direkt in den Zug nach Zürich gestiegen. Ich musste arbeiten gehen und er in die Schule, als ich Ihn fragte, was er den heute für ein Thema in der Schule hätte, sagte er mir: „Abschlussprüfung Rechnungswesen.“ Ich dachte ich höre nicht mehr richtig, aber keine Sorge er hatte doch noch eine 5.8.
Anschliessend an die Schule wurde er durch die UBS abgeworben wo er vier Jahre arbeitete und weiterhin die Welt erkundete. Zudem hat er in der Zeit geheiratet, was aber nicht hielt und sie sich aber im Guten getrennt haben. Da kam die Zeit wo wir uns nicht mehr so viel sahen, jedoch wenn dann immer mit sehr positiven Erinnerungen. Es war eine Freundschaft wo man sich nicht alle zwei Tage anrufen oder sehen musste, sondern die Momente des wiedersehen feierte.
Jüli entwickelte sich im Job er blieb dem Bereich HR treu und hatte stets mit Menschen zu tun und reiste immer noch in der Welt herum. Ich persönlich glaube nicht, dass es viele Länder gibt die nicht von Jüli bereist wurden, er hat die Welt gesehen.
Nach langer Krankheit hat er nun den Kampf verloren. Ich vermisse Dich mein Freund und wünsche Dir aus tiefstem Herzen, das es Dir gut geht da wo Du jetzt bist. Du hast das Leben so vieler Menschen bereichert, danke dass ich dich Kennenlernen und Teil deines Lebens sein durfte.
Tough – Strong – Julien
Text: Oliver Battistutta